In der Adventszeit strahlen uns überall leuchtende und farbenfrohe Tannenbäume entgegen. Man bekommt den Eindruck, der winterlichen Kälte und Dunkelheit soll durch die Wärme und immergrüne Frische der Bäume entgegengewirkt werden.
Was bisweilen noch als angenehm und gemütlich empfunden wird, nimmt zunehmend immer skurrilere Formen der Darstellung an…
An allen möglichen und unmöglichen Plätzen finden sich Weihnachtsbäume. Man gewinnt den Eindruck, als würde zwanghaft versucht werden, an jeden noch so unauffälligen Ort künstlich eine Art gemütliches Wohnzimmergefühl heranzutragen.




Je länger man sich umsieht, umso merkwürdiger wird die Situation. So finden sich mininaturgetreue Abbildungen von Weihnachtsbäumen, teilweise mit winzigem Kunstschnee bedeckt und in kleine Waldumgebungen eingebaut.



Außerdem werden nicht nur Tannenbäume im ganzen aufgestellt. Die Weihnachtszeit ist auch die Zeit der Tannenzweige, welche dekorativ in einer Vase auf dem Beistelltisch geschmückt werden und auch hier wieder durch das satte Grün und den farbenfrohen Schmuck bestechen. Interessant ist der lieblose Verkauf der uns sonst so anmutig erscheinenden Baumteile.
Der Überfluss hat seinen Höhepunkt erreicht, wenn die dekorativ gemeinten Tannenbäumchen und -zweige in die sowieso schon übervollen Schaufenster gequetscht werden. Ist die Dekoration nicht annähernd Teil des Schaufenster-Konzeptes, so hat die Wärme und Behaglichkeit jeglichen Reiz verloren und ist nur noch Produkt und Stimulus für die konsumierende Gesellschaft.


Neben dieser Reizüberflutung wider Sinnen gibt es durchaus interessante bis abstrakt-skurrile Darstellungen und Interpretationen des weihnachtlichen Grüns.








Viel erschreckender jedoch als der obige Gemütlichkeitskrampf ist die Leichenschau derabgestorbenen und ausgedienten immergrünen Bäume nach dem Fest. Schon gleich nach den Feiertagen sieht man sie vereinzelt herumliegen, herzlos auf der Straße entsorgt. Teilweise dürfen die grünen Riesen nur ein paar Tage im Warmen verbringen, bis sie ohne Schmuck wieder entfernt werden.
Noch schlimmer aber sind die Tannenbaumfriedhöfe, welche durch die massenhafte Entledigung der dann nur noch nutzlosen, störenden und nadelnden Baumflut hervorgerufen werden. Allein zum Wegwerfen wurden diese Bäume jahrelang herangezüchtet. Einem Massengrab ähnlich liegen die für Dekorationszwecke gestorbenen Naturgeschöpfe kreuz und quer und warten auf ihren Abtransport und die anschließende Verbrennung zur Energiegewinnung, im Kamin oder beim Osterfeuer.
Aufbereitung als Unterrichtsthema
Ich denke, dass die oben beschriebene Thematik sehr viele Anknüpfungspunkte im Unterricht finden kann.
Mein erster Gedanken zielt auf die Konsum- und Wegwerfgesellschaft ab. Die Kinder (8./9. Klasse) sollen im Rahmen eines ca. einmonatigen Projektes im Verlaufe der Adventszeit Fotografien von Weihnachtsbäumen machen. Der lange Zeitraum ist notwendig, um im Anschluss den Vergleich zwischen den dekorativen Bäumen und den Bäumen als Abfall ziehen zu können. Die SuS sollen über verschwenderisches Verhalten der Gesellschaft im Allgemeinen nachdenken und ihr eigenes Konsumverhalten reflektieren. Denkbar ist eine Parallele zu anderen Objekten, die allein zum Wegwerfen produziert wurden, wie beispielsweise Mülltüten oder Toilettenpapier (zu überlegende Frage: Ist es wirklich so oder wirkt es nur so und warum?). In diesem Zuge können Alternativen kennen gelernt werden, z.B. Läden wie „unverpackt„, in welchem Lebensmittel in beliebiger Menge in mitgebrachte Dosen gefüllt werden.
Außerdem sollen die Kinder etwas über den Brauch des Weihnachtsbaumes lernen. Warum stellen wir überhaupt einen Baum im Haus auf? Dies könnte zum Beispiel in der Zeit zwischendurch geschehen, wenn die „Gemütlichkeits-„Bilder schon gemacht wurden, aber noch keine Bäume weggeworfen wurden.
Gesammelt und vor allem präsentiert sollten die Fotos so, dass man eine Gegenüberstellung der zwei Seiten (Gemütlichkeit – Abfall) sehen kann. Dies kann beispielsweise auf einem zweigeteilten Poster oder aber in einer digitalen Präsentation geschehen.
Eine andere Idee, die man unterrichtlich verfolgen könnte ist designorientiert. Die verschiedenen abstrakten und skurrilen Weihnachtsbaum-Immitationen können den SuS Anreize geben, sich gegebenenfalls selbst etwas Ähnliches zu überlegen. Die Frage wäre hier: Wie kann ich einen Tannenbaum soweit abstrahieren, dass er immer noch als einer erkannt wird? (z.B. farblich, Form)
Außerdem können die bereits vorhandenen Formen als Muster und Designs z.B. für Stoffe verändert werden. Denkbare Präsentationsformen wäre hier eine Art Mappe oder Portfolio, welche die selbst erarbeiteten Werke darstellt.
Janne Hoffmann, alle Fotos und Bilder sind eigene Darstellungen